6 Fragen an Roland Bosshard – Leiter Informatik und Mitglied der Geschäftsleitung bei der KPT / CPT
"Die Chancen sehe ich da, wo ich auch die Risiken orte."
Roland Bosshard (Jahrgang 1964, Wirtschaftsinformatiker) führt den Bereich IT und ist bei der KPT für alle Aspekte der Informations- und Kommunikationstechnologie verantwortlich. Er verfügt über langjährige Erfahrung in der Privatwirtschaft und der öffentlichen Verwaltung. Vor seinem Eintritt bei der KPT war er Mitglied der Geschäftsleitung des FUB (Führungsunterstützungsbasis der Schweizer Armee).
Die Coronavirus-Pandemie hat viele unangenehme Seiten. Auf der ganzen Welt werden Menschen krank, das Gesundheitssystem ist überlastet, Mitarbeiter verlieren ihren Arbeitsplatz und die Länder müssen Milliarden für Rettungsaktionen und medizinische Hilfe ausgeben. Herr Bosshard, was bewegt Sie, trotzdem positiv in die Zukunft zu schauen?
"Ich wende das Trägheitsgesetz der Mechanik manchmal recht frei auch auf
andere Bereiche an: Ohne Druck von aussen ändert sich nichts. Uns wird gerade
heftig am Käfig gerüttelt.
Wir können diese Auswirkungen nicht ignorieren und
müssen Wege finden, damit umzugehen. Es wurde
schnell sichtbar, dass die Pandemie grosse und womöglich nachhaltige
Veränderungen mit sich bringt.
Nach rund zwei Jahren Pandemie kann man heute natürlich keine positive Bilanz ziehen. Die Pandemie hat für viele Menschen einschneidende Konsequenzen. Wenn wir aber in einigen Jahren zurückblicken, werden wir hoffentlich erkennen können, dass sie auch ein paar positive Veränderungen herbeigeführt hat. Ich bin sicher, dass Erfindungsreichtum, Mut und Pioniergeist neue Lebensformen und Geschäftsmodelle hervorbringen werden, die ohne diesen Druck von aussen nicht entstehen würden. Vielleicht gelangen wir auch noch zur Erkenntnis, dass unser hoher Lebensstandard in der Schweiz ein Privileg ist, für das wir dankbar sein sollten - und dem wir Sorge tragen müssen."
Ihre Mitarbeiter liegen Ihnen ganz besonders am Herzen! Was tun Sie konkret, um sie in dieser herausfordernden Zeit zu unterstützen?
"Primär geht es darum, den Mitarbeitenden Vertrauen zu schenken. Ich
vertraue ihnen, dass sie sich - obwohl
weitgehend ausserhalb etablierter Kontrollen -
voll für die KPT einsetzen. Ich vertraue ihnen, dass sie die neuen
Freiheiten sinnvoll nutzen, aber nicht ausnutzen. Ich traue
ihnen zu, dass sie ihre Work-Life-Balance aktiv steuern und selbständig
im
Griff behalten.
Mir ist völlig klar, dass das Festsetzen von Rahmenbedingungen zu den unabdingbaren Aufgaben eines verantwortungsbewussten Vorgesetzten gehört. Trotzdem versuche ich, das durch Home-Office bedingte Kontrolldefizit nicht mit neuen Massnahmen zu kompensieren, sondern durch Vertrauen, Eigenverantwortung und klare Ziele zu ersetzen. Andere Massnahmen sind vielleicht naheliegender. Mal eine Anerkennung nach Hause senden, physische Info-Veranstaltungen in den virtuellen Raum verlegen, E-Mails durch mündliche Abstimmungen ersetzen, gelegentlich Mitarbeitende ohne geschäftlichen Grund anrufen und mit ihnen ohne Agenda etwas «plaudern».
Die KPT ist trotzdem aktuell am Expandieren und Fachspezialisten gefragter denn je. Was können Ihre Mitarbeiter von Ihnen erwarten?
"Ein zeitgemässes, flexibles Arbeitsumfeld. Wir bieten nebst Home-Office
auch Co-Working-Spaces in Zürich an und wir wollen dieses Angebot künftig je
nach Bedarf weiter ausbauen. Unsere IT-Landschaft wird technisch in wenigen
Monaten zu den modernsten der Branche gehören. Bezüglich Digitalisierung haben
wir aber noch Aufholbedarf.
Wir sind klein und flexibel genug, dass wir unseren
Mitarbeitenden ein spannendes, vielseitiges Umfeld mit viel
Gestaltungsspielraum bieten können. Ich
erwarte, dass meine Mitarbeitenden sich laufend weiterbilden, sich vernetzen,
sich mit ihren Peers aus anderen Versicherungen oder vergleichbaren Branchen
austauschen und von den Besten lernen. Dazu bieten wir auch die notwendigen
Freiräume.
Wenn unsere Mitarbeitenden die KPT wieder verlassen, sollen sie besser ausgebildet sein und über grössere Expertise verfügen, als dies bei ihrem Stellenantritt der Fall war. Ich will Mitarbeitende, die wirklich Freude an der Aufgabe haben und sich intrinsisch motiviert voll einbringen."
Wie wird sich Ihrer Meinung nach die aktuelle Corona-Pandemie auf die Mitarbeiter von KPT auswirken? Wo sehen Sie Chancen und wo die grössten Herausforderungen?
"Die Chancen sehe ich da, wo ich auch
die Risiken orte.
Wir begegnen der Pandemie unter anderem mit vermehrtem
Home-Office. Menschen, die viel Engagement, Motivation, Eigenverantwortung und
Disziplin mitbringen, können damit meist gut
umgehen. Sie sehen darin Chancen mehr zu leisten, mehr zu lernen und trotzdem
auch noch mehr Zeit für sich und die Familie zu haben. Andererseits besteht die
Gefahr, dass sich Menschen mit einem ausgeprägten Verantwortungsbewusstsein
nicht genügend abgrenzen. Vielleicht können sie
ihren eigenen Anforderungen nicht genügen oder sie
haben Angst davor, für
Entscheidungsträger unsichtbar zu sein. Hier kann eine Negativ-Spirale
entstehen, die letztlich zu einem Ausbrennen führen kann.
Wo ich ebenfalls eine grosse Herausforderung sehe, ist bei der Identifikation der Mitarbeitenden mit der KPT als Arbeitgeberin. Der fehlende (informelle) Austausch wirkt sich langfristig negativ auf die Unternehmenskultur und unsere gemeinsamen Werte aus. Aus meiner Sicht eine wichtige Komponente, die unter der zunehmenden Distanzierung und dem Wegfall teambildender Massnahmen leiden kann."
Was werden für Sie in den nächsten 100 Tagen die grössten Aufgaben als Mitglied der Geschäftsleitung bei der KPT sein?
"Abgesehen von den bereits erwähnten Aufgaben ist es sicher meine Rolle
als Auftraggeber der IT-Erneuerung. Anfang April 2022 führen wir das neue Kernsystem
ein. Bis dahin gibt es noch viele Planungs- und Abstimmungsarbeiten. Wir haben bis dann gut
drei Jahre intensiv im Projektmodus gearbeitet. Nach
der erfolgreichen Einführung besteht nun die Gefahr
einer Leere. Ich werde mir daher bereits heute Gedanken machen, wie ich die Mitarbeitenden motivieren kann, bei der KPT zu
bleiben.
Gemeinsam können wir noch viel erreichen: wir wollen uns an der Spitze der Online-Versicherer behaupten."
Wenn Sie heute nochmal auf Ihre gesamte Karriere zurückblicken, würden Sie etwas ändern wollen?
"Mal abgesehen davon, dass ich meine Brille schon früher bei Fielmann kaufen würde: Ich würde wohl Maschinenbau studieren oder Chemie. Trotz aller Faszination für die virtuelle, fast sterile Welt der IT ist mir die handfeste, physische, manchmal stinkende, krachende oder rauchende Welt des realen Maschinenbaus oder der Labors näher."
Die genossenschaftlich organisierte KPT gehört zu den zehn grössten Krankenversicherern der Schweiz. Unser Angebot umfasst die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) nach Krankenversicherungsgesetz (KVG) sowie Zusatzversicherungen nach Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Das Prämienvolumen beträgt 1,7 Milliarden Franken. Seit 1890 versichern wir zuverlässig Menschen - heute knapp 400'000 Privatpersonen sowie grosse Institutionen und Verbände. Dabei stützen wir uns auf rund 600 Mitarbeitende in Bern und in unseren Aussenstellen in allen Landesteilen.
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